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Georg Salter

Buchdesigner in Berlin, 1922 - 1934

Die Tücken des Details. "Radetzkymarsch" und andere Umschlagvarianten

Veröffentlicht am 14.10.2014

Allein schon die schiere Anzahl der in wenigen Jahren gestalteten Schutzumschläge und Einbände belegt, dass Georg Salter außerordentlich fleißig und schnell gearbeitet haben muss. Der Respekt vor dieser Leistung wächst noch, wenn man den Entstehungsprozess bedenkt: Gewiss wird nicht jeder Entwurf für ein Werk gleich im ersten Anlauf gelungen bzw. bei Autoren, Verlegern und Herstellern einhellig auf Zustimmung gestoßen sein. Über die Abstimmungen im Vorfeld einer Publikation wissen wir bislang wenig. So scheint etwa der Sammler Curt Tillmann in seiner ersten, im Weltkrieg verlorenen Schutzumschlagsammlung zwei nicht realisierte Originalentwürfe von Georg Salter besessen zu haben: "Zu dem Buch von Tügel "Die Treue" gibt es drei Entwürfe von Georg Salter, zwei wurden verworfen, erst der dritte sagte Autor und Verleger zu." (Curt Tillmann: Über das Sammeln von Buchumschlägen, in: Zeitschrift für Bücherfreunde 37, H.1 (1933), S.1-4)

Vereinzelt kam es vor, dass Schutzumschläge auch nach Veröffentlichung des Buches nochmals verändert oder gar ausgetauscht wurden, sei es, weil nun auch noch Verlagsvertreter, Buchhändler und Leser ihre Meinungen einbrachten, oder weil Salter selbst oder andere ursprünglich Beteiligte es für richtig hielten. Der bekannteste Fall ist sicher der Entwurf zu Joseph Roths "Radetzkymarsch" (1932). Salters Zeichnung - ein entlaubter Baum, der vor dem Hintergrund des Schlosses Schönbrunn einen Schatten in Form des Doppeladlers wirft - symbolisiert den im Roman behandelten Zerfall der österreichisch-ungarischen Monarchie. Durch den in der Erstauflage aufgedruckten Werbetext war die Entwurfsidee schwer zu erkennen, weshalb man ab der zweiten Auflage auf den Text verzichtete.

Ähnlich motiviert könnte die Änderung bei einem Titel von Sarah Levy gewesen sein. Während der erste Entwurf die Textsorte ("Roman") und die "Marken" ("Sarah Levy" bzw. "Erich Reiss Verlag") kaum hervorhebt, sind sie im zweiten auch aus der Distanz gut lesbar. Inwiefern zudem der auf die Umschlagvorderseite verlagerte, kitschige Klappentext ("Liebeskampf zweier Rassen", "Die schöne Jüdin bekennt Wut und Demut, Lust und Leid der Liebe") zur Überarbeitung veranlasst hat, sei dahingestellt.

 

Sarah Levy, Geliebter! O mon Goye, 1.-6. Tsd. 1929 (rechts) und 12.-14. Tsd. 1931Sarah Levy, Geliebter! O mon Goye, 1.-6. Tsd. 1929 (rechts) und 12.-14. Tsd. 1931 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Radetzkymarsch, erster EntwurfRadetzkymarsch, erster Entwurf

Radetzkymarsch, zweiter EntwurfRadetzkymarsch, zweiter Entwurf

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beim dritten Beispiel, einem Umschlag in drei Ausführungen, ist der Grund für die erste Überarbeitung nicht so offensichtlich. Für die neu begründete Reihe der S. Fischer Bücherei hatte Georg Salter Ende 1932 schöne Umschläge in kraftvollem Gelb und mit großen Zeichnungen geschaffen, die bald darauf von weit weniger attraktiven, dezenteren abgelöst wurden. Hatten sie für den seit Januar 1933 gefährdeten "jüdischen" Verlag schlicht die falsche Grundfarbe? Fehlte die Fraktur?

Das Motiv für die nächste Variante des Umschlags ist dagegen wieder klar und in einem früheren Blog-Post an einem anderen Beispiel bereits beschrieben: Als der Suhrkamp Verlag als Rechtsnachfolger des "arisierten" Teils des S. Fischer Verlags 1943 Kurt Heusers "Buschkrieg" mit Salters Umschlag neu auflegte, wagte er es schlicht nicht, dessen Namen noch unter der Zeichnung zu nennen.

 

Kurt Heuser, Buschkrieg, 1.-7. Aufl. 1933 in zwei Varianten u. 8.-17. Aufl. 1943Kurt Heuser, Buschkrieg, 1.-7. Aufl. 1933 in zwei Varianten u. 8.-17. Aufl. 1943