Ihre Browserversion ist veraltet. Wir empfehlen, Ihren Browser auf die neueste Version zu aktualisieren.

Georg Salter

Buchdesigner in Berlin, 1922 - 1934

Georg Salter 1944: Im Frontbuchhandel für die deutsche Wehrmacht

Veröffentlicht am 28.02.2016

Über den Verfall der Urheberrechts- und Buchkultur nach 1933 habe ich in diesem Blog am Beispiel Georg Salters bereits mehrfach geschrieben. Der extremste Fall betrifft Salters Gestaltung für Julius Stindes Klassiker "Die Familie Buchholz". Seit Ende der 1870er Jahre in vielen Auflagen und insgesamt sieben Bänden veröffentlicht, erschienen Stindes satirische Geschichten um eine Berliner Kleinbürgerfamilie 1932 und 1933 im Verlag Grote mit neuen Schutzumschlägen und jeweils sechs farbigen Bildern von Georg Salter ("Die Familie Buchholz" und "Der Familie Buchholz zweiter Teil"). Während beim ersten Erscheinen 1932 der Illustrator noch auf dem Umschlag, der Titelei sowie im Druckvermerk genannt wurde, verwendete der Verlag nach 1933 Salters Buchgestaltung zwar unverändert weiter, verzichtete aber nun konsequent auf jede Erwähnung des Urhebers.

Statt "mit 6 farbigen Bildern von Georg Salter" warb die 143.-149. Auflage aller Ausgaben 1939 entsprechend nur noch mit dem Zusatz "mit 6 farbigen Bildern".  Die nächste Stufe des Niedergangs war erreicht, als das Buch 1944 zwar immer noch mit identischer Umschlagvorderseite erschien, wegen der kriegsbedingten Mangelwirtschaft darüber hinaus aber keine Illustrationen mehr enthielt. Bei der Ausgabe 1944 handelt es sich um eine "Frontbuchhandelsausgabe für die Wehrmacht", die von der norwegischen "Wehrmachtpropagandagruppe" in Auftrag gegeben und von der "NS Rikstrykkeri" in Oslo gedruckt worden war. Im Gegensatz zum Grote Verlag scheint dort der Illustrator nicht bekannt gewesen zu sein, da er im Druckvermerk nun wieder explizit auftaucht: "Entwurf des Umschlages von Georg Salter". Die Propagandagruppe sorgte damit für eine monströse Kuriosität. Zur gleichen Zeit, als jüdische Menschen längst europaweit zu Hunderttausenden vernichtet wurden, produzierte sie zur Unterstützung der Kampfmoral die heitere Illustration eines deutschen Juden. Man darf sicher sein, dass Georg Salter darüber bestürzt gewesen wäre. Freilich ist zu vermuten, dass ihm dieser entsetzlichste Verstoß gegen seine persönlichen Urheberrechte bis zu seinem Ende kaum bekannt geworden ist.

 

Die Familie Buchholz. Aus dem Leben der Hauptstadt. Ausgaben 1932, 1939 und 1944Die Familie Buchholz. Aus dem Leben der Hauptstadt. Ausgaben 1932, 1939 und 1944