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Georg Salter

Buchdesigner in Berlin, 1922 - 1934

"Grob und zärtlich zugleich". Entwürfe für das Moskauer Staatliche Jüdische Theater

Veröffentlicht am 30.03.2016

Das "Moskauer Staatliche Jüdische Theater" oder auch "Moskauer Jüdisch Akademisches Theater" war ein jiddischsprachiges Theater, das 1928 während einer Gastspielreise in Westeuropa unter anderem auch in Berlin begeistert empfangen wurde. Niederschlag fand die Reise in einem im Verlag Die Schmiede erschienenen Band mit einführenden Texten von Ernst Toller, Joseph Roth und Alfons Goldschmidt sowie mit Szenenbildern aus verschiedenen Inszenierungen. Einband und Logo des Theaters stammten von Georg Salter, der auf der Vorderseite des Pappbands zugleich mit einer später so nicht mehr verwendeten eigenen Signatur experimentierte. Es ist anzunehmen, dass der Schmiede-Verlag zu diesem Projekt über Salters Vater Norbert gelangte, der ein international erfolgreicher Konzert- und Theateragent war.

Ein erst kürzlich entdecktes Programmheft zu einer Aufführung von Scholem Alejchems "200.000" im "Theater des Westens" belegt, dass Salter auch bei diesem Projekt verschiedene Stufen durchschritt. Während er für den Einbandtitel des Schmiede-Buches eine relativ klare Schablonenschrift wählte, wirkt der insgesamt ähnliche Schriftentwurf für die Broschüre gröber und seltsam unfertig. Er passt damit kaum zufällig zu Joseph Roths Text zum jiddischen Theater, das dieser im Buch wie folgt charakterisierte: "Es werden fünfzehn Jahre her sein, seitdem ich zum ersten Male ein jiddisches Theater gesehen habe. ... Ich erinnere mich noch deutlich an die Plakate. Sie unterschieden sich von den Ankündigungen der anderen Theater durch eine ganz bestimmte Einfachheit, eine gleichsam provisorische Roheit, eine primitive Grobheit, es waren Theaterzettel ohne Routine, wahrscheinlich mit einer Handpresse hergestellt. ... Auf diesen Plakaten war das Jiddisch mit lateinischen Buchstaben geschrieben. Es war wie ein groteskes Deutsch. Es war grob und zärtlich zugleich."

 

Das Moskauer Jüdische Akademische Theater, Verlag die Schmiede, 1928Das Moskauer Jüdische Akademische Theater, Verlag die Schmiede, 1928 Joseph RothJoseph RothProgrammheft zu einer Aufführung von Scholem Alejchems "200.000" im Berliner "Theater des Westens"Programmheft zu einer Aufführung von Scholem Alejchems "200.000" im Berliner "Theater des Westens"

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wie damals nicht unüblich, war das Programmheft mit einer Werbemarke verklebt, hier für das Nachtlokal "Barberina" in der Hardenbergstraße 18. Auf der hinteren Umschlaginnenseite fand man neben der Werbung für ein konkurrierendes Etablissement den aktuellen Besetzungszettel.