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Georg Salter

Buchdesigner in Berlin, 1922 - 1934

Zweimal "Königliche Hoheit". Über die Schwierigkeit, tatsächlich den Originalzustand zu reproduzieren

Veröffentlicht am 10.01.2016

In seiner grandiosen zweibändigen Arbeit zum deutschsprachigen Fotobuch 1918 bis 1945 ("Autopsie") verfolgte Manfred Heiting das Ziel, die beschriebenen Werke mit Einbänden, Schutzumschlägen und Bauchbinden gleichsam im Zustand ihres Erscheinens abzubilden. Anders als etwa bei Holsteins bisherigem Standardwerk über Georg Salter wurden die Fotos der bald 100 Jahre alten Bücher daher jeweils aufwändig bearbeitet, um so sämtliche Alterungs- und Gebrauchsspuren zu tilgen. Wie hoch ambitioniert ein solches Unternehmen der virtuellen Rekonstruktion historischer Originalzustände ist, wurde mir jüngst wieder klar, als ich ein weiteres, herausragend erhaltenes Exemplar von Thomas Manns "Königliche Hoheit" in der Ausstattung von Georg Salter erwerben konnte (S. Fischer 1932). Hatte ich bis dahin angenommen, Salter habe ein leicht getöntes Umschlagpapier verwendet, präsentierte sich der Schutzumschlag dieses noch zusätzlich mit einem Pergaminumschlag geschützten Exemplars praktisch reinweiß.

Selbst wenn man üblicherweise davon ausgehen darf, dass die überlieferten Farben ursprünglich in der Regel jeweils noch etwas heller und strahlender waren, als sie sich auf den Innenklappen erhielten, hätte ich diesen Schutzumschlag niemals mit einer so reinweißen Grundfarbe reproduziert. Die Aufnahmen geben den Farbunterschied zwischen meinen Exemplaren nur unzureichend wieder. Wie also beim Anspruch einer historisch getreuen Wiedergabe den korrekten Ton treffen? Was ist richtiger, was ganz unpassend? Sofern man nicht über authentische Quellen zum Entstehungsprozess verfügt (und solche sind selten erhalten), wird man in der Farbreproduktion dem Urzustand eines Buches wohl kaum je völlig zweifelsfrei entsprechen.

Das neu erworbene Exemplar gibt übrigens durch einen Besitzeintrag weiteren Anlass zu Spekulationen: "Martha Lieberm. 1935" ist hier zu lesen. Die Notiz stammt ausweislich erhaltener Autographen wohl nicht von Martha Liebermanns eigener Hand, nennt aber ausgerechnet das Jahr des Umzugs der Künstlerwitwe aus dem Palais am Pariser Platz in die Graf-Spee-Straße. Könnte nicht ein Helfer der alten Dame das Buch aus diesem Anlass gekennzeichnet haben? Dass Thomas Mann und Max und Martha Liebermann sich gut kannten und regelmäßig in Berlin begegneten, ist jedenfalls sicher. Das wie neu erhaltene Exemplar der Sonderausgabe der "Königlichen Hoheit", ein gelegentlich übersandtes Buchgeschenk, das niemals gelesen wurde? Bücher und ihre Schicksale ...

 

Besitzvermerk "Martha Lieberm. 1935"Besitzvermerk "Martha Lieberm. 1935"