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Georg Salter

Buchdesigner in Berlin, 1922 - 1934

24 neue deutsche Erzähler. Ein "Salter" für drei deutsche Staaten

Veröffentlicht am 22.04.2017

Es ist gewiss nicht der geringste Beleg für die besondere Qualität von Georg Salters Buchgestaltung, dass seine Entwürfe bis heute vielfach für Neudrucke der entsprechenden Werke herangezogen werden. Ausgaben von Kafkas "Prozess", von Döblins "Berlin Alexanderplatz" oder von einer Neuauflage aus der Reihe "Außenseiter der Gesellschaft" - sie alle gibt es mit Reprints von Salters Einbänden und Schutzumschlägen. Ebenfalls in diese Kette gehört die Anthologie "24 neue deutsche Erzähler", die erstmals 1929 in Salters bevorzugter Farbkombination blau und orange im 1.-5. Tsd. im Verlag Kiepenheuer erschien. Mit Beiträgen von Joseph Roth, Anna Seghers, Ernst Glaeser, Erich Kästner, Ernst Toller, Ludwig Renn, Ödön von Horvath, Marieluise Fleißer u.a. ist das von Hermann Kesten zusammengestellte Buch ein bedeutendes Dokument der Literatur der Neuen Sachlichkeit.

Der Titel verkaufte sich offenbar so gut, dass noch im Jahr der Erstausgabe das 6.-7. Tsd. gedruckt werden konnte. Für die Erstausgabe sind zwei verschiedene Schutzumschläge bekannt. Während der eine auf der Umschlagvorderseite grafisch die "24" betont und den Zusatz "Das Buch des neuen Deutschland" trägt, verzichtet der zweite auf die Hervorhebung der Zahl und den genannten Zusatz und führt stattdessen nicht mehr nur 11, sondern 13 Autorinnen und Autoren namentlich auf. Der zweite Schutzumschlag scheint der verbreitetere gewesen zu sein.

24 neue deutsche Erzähler, Kiepenheuer, 1.-5. Tsd. 1929. Umschlag I24 neue deutsche Erzähler, Kiepenheuer, 1.-5. Tsd. 1929. Umschlag I 24 neue deutsche Erzähler, Kiepenheuer, 1.-5. Tsd. 1929. Umschlag II24 neue deutsche Erzähler, Kiepenheuer, 1.-5. Tsd. 1929. Umschlag II24 neue deutsche Erzähler, Kiepenheuer, 1.-5. Tsd. 1929. Einband24 neue deutsche Erzähler, Kiepenheuer, 1.-5. Tsd. 1929. Einband

50 Jahre nach der sog. "Machtergreifung" entschloss sich der Leipziger Nachfolger des alten Kiepenheuer-Verlags an die berühmte Anthologie und die überwiegend verfemten Beiträger zu erinnern. Der 1983 erschienene Reprint enthielt ein Nachwort von Wulf Kirsten, stützte sich auf das 6.-7. Tsd. und ahmte den zweiten, mutmaßlich gängigeren Umschlag des Jahres 1929 nach. Durch die Begrenzungen der DDR-Mangelwirtschaft erreichte die Neuausgabe längst nicht die Qualität aus der Zeit der Weimarer Republik. Speziell das Einbandleinen bleibt sichtbar hinter den Anforderungen von Salters Entwurf zurück. Im Jahr 2000, im wieder vereinten Deutschland, erschien ein zweiter Nachdruck, der ebenfalls das 6.-7. Tsd. zur Vorlage hatte. Materialtechnisch kam er dem Vorbild näher, blieb aber immer noch weit von einem Faksimile entfernt.

Ein Schutzumschlag scheint in diesem Fall auch nicht mehr produziert worden zu sein. Nachdem das Buch offenbar keine ausreichende Nachfrage fand, wurde es Anfang des letzten Jahrzehnts recht bald verramscht. Noch im November 1932 hatte übrigens Wieland Herzfeldes Malik-Verlag den erfolgreichen Kiepenheuer-Titel imitiert. Die "30 neuen Erzähler des neuen Deutschland" wurden freilich ebenso wie die 24 neuen Erzähler kurz darauf Opfer der NS-Kulturbarbarei. Gestalter des Malik-Bandes war John Heartfield. Auch hier trafen die zwei Meister damit wieder einmal aufeinander.